Wir freuen uns, dass das Bundesjustizministerium sich bereits zu Beginn der Legislaturperiode um die Zentralisierung der Aufsicht für Inkassodienstleister kümmert. Das ist der Status, in dem sich ein großer Teil der Legal Tech Geschäftsmodelle in Deutschland bewegt, die Geldforderungen von Verbrauchern durchsetzen. Ihr Vergütungsmodell, das oft mit Prozessfinanzierung verknüpft ist („no win no fee“), hat vom Gesetzgeber am Ende der vergangenen Legislaturperiode Rechtssicherheit erhalten („Gesetz zur Förderung verbrauchergerechte Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt 15. August 2021“ – oder „Legal Tech Gesetz“). Die Schaffung einer zentralen Aufsichtsbehörde ist dafür notwendig. Bisher liegt die Aufsicht bei den Justizbehörden der Bundesländer, die insgesamt 38 verschiedenen Stellen im Land damit betraut haben. Der Bund hat jetzt offenbar den Glauben daran verloren, dass die Länder zu einer Struktur finden, und möchte als Inhaber der Gesetzgebungskompetenz für das RDG die Aufsicht auf das Bundesamt für Justiz übertragen („fakultative Bundesverwaltung“). Damit wird vollzogen, was der Bundestag schon in Entschließungen vom 27. September 2020 und 10. Juni 2021 zu recht gefordert hatte.

Die Zentralisierung der Aufsicht über Legal Tech Geschäftsmodelle ist richtig. Es macht keinen Sinn, dass eine Vielzahl von Landesbehörden einen Flickenteppich von Einzelentscheidungen schafft. Dies umso mehr, als die Aufsicht seit der Reform vom August 2021 überhaupt erst berufen ist, Geschäftsmodelle zu beurteilen, und diese Entscheidungen später Bindungswirkung in Zivilprozessen um die Durchsetzung von Forderungen durch die Anbieter entfalten. Das ist ein Systemwechsel, für den die Landesstellen, die bisher nur einige formale Fragen prüfen durften (Haftpflichtversicherung des Betreibers etc.), häufig gar nicht ausgestattet sind. Seit August 2021 müssen die Aufsichtsstellen zum Beispiel abgrenzen, welche Beratungspakete von Geschäftsmodelle unter den Begriff der „Inkassodienstleistung“ fallen, und welche nur als Nebenleistungen oder gar nicht registriert werden können. Es ist absolut notwendig, dass dafür eine professionelle Aufsichtsstruktur errichtet wird, und diese Rolle soll das Bundesjustizamt nun einnehmen. Das sind gute Nachrichten, und wir werden den Gesetzgebungsprozess zur Aufsichtsstruktur eng und konstruktiv begleiten.

Das Ministerium verzichtet mit dem Referentenentwurf offenbar auf andere Maßnahmen der Angleichung zwischen dem Regime der Rechtsdienstleister und der Anwälte. Diese Frage war im Dezember 2021 und Januar 2022 vom Ministerium mit einigen Verbänden erörtert worden, etwa mit Blick auf Interessenkollisionen, Geheimnisschutz oder Ausbildungsvorgaben für Anbieter von Rechtsdienstleistungen. Der Verband hält diese Entscheidung für richtig, zum jetzigen Zeitpunkt ist eine weitere Übertragung anwaltlicher Regelungen in das RDG nicht erforderlich.

Aber umgekehrt ist der Entwurf enttäuschend aus Sicht der Anwälte, die sich mehr Gestaltungsfreiheit bei Vergütungs- und Finanzierungsmodellen gewünscht haben. Die Anwälte haben derzeit einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Inkassodienstleistern, denn sie können Ihren Mandanten die Prozessrisiken nicht abnehmen (keine Kostenübernahme und sehr beschränkte Erfolgshonorare). Hier muss der Entwurf erweitert werden, um dem europarechtlichen Kohärenzgebot, aber vor allem auch dem fairen Wettbewerb unterschiedlicher Akteure im Markt Ausdruck zu verleihen. Dazu gehören die Abschaffung der engen Begrenzungen von Erfolgshonoraren für Anwälte, die Gestattung der Übernahme von Fremdkosten und die Öffnung des Provisionsverbots.

Der Referentenentwurf vom März 2022 unternimmt auch eine Vereinheitlichung der Bußgeldtatbestände für die Verletzung des Rechtsdienstleistungsgesetzes. Der Ansatz der Gleichbehandlung von betroffenen Rechtsgebieten ist nachvollziehbar, sollte aber nicht zu einer zu prinzipiellen Ausweitung von Sanktionen führen, zumal die Aufsichtsstruktur hier gerade erst geschaffen wurde und noch praktisch etabliert werden muss. Wir werden diese Änderungen im Einzelnen prüfen und im weiteren Verlauf des Verfahrens Stellung nehmen.