Berlin, 17. Oktober 2025

Position des Legal Tech Verband Deutschland zu den Digital-Omnibus-Gesprächen auf EU-Ebene

Ausgangangslage

Im Zuge der europäischen Digital-Omnibus-Gespräche wird diskutiert, an welchen Punkten der EU AI Act (Verordnung (EU) 2024/1689) angepasst oder harmonisiert werden soll. Ein zentrales Thema ist dabei der Zeitpunkt des Eingreifens der Regulierung. Nach aktuellem Stand greift die KI-Verordnung bereits während der Entwicklung und Produktion eines Produkts, also noch vor dessen Marktreife. Die maßgeblichen Bestimmungen sind insbesondere Artikel 6 (Klassifizierung von Hochrisiko-KI-Systemen), Artikel 16 ff. (Pflichten der Anbieter) und Artikel 43 (Konformitätsbewertung).

Für innovative Unternehmen bedeutet das:

  • Hohe Compliance-Aufwände in frühen Entwicklungsphasen.
  • Fehlende Experimentier- und Testfreiheit.
  • Deutliche Nachteile gegenüber globalen Wettbewerbern.

Unsere Position

Wir fordern, dass die KI-Regulierung erst dann greift, wenn ein Produkt marktreif ist, also nach Abschluss der Entwicklungsphase. Wieso?

  • Innovation braucht Erprobungsspielräume.
  • Regulierung im Produktionsprozess hemmt technologische Souveränität.
  • Europäische digitale Souveränität entsteht durch mutige Entwicklung, nicht durch frühe Regulierung.

Warum das wichtig ist

1.  Für den Innovationsstandort Deutschland

Deutschland droht bei KI und digitalen Technologien weiter ins Hintertreffen zu geraten. Gerade Legal Tech-Unternehmen entwickeln Anwendungen, die Verwaltung, Justiz und Bürgernähe verbessern. Damit sind sie Teil der Lösung und nicht Teil des Problems. Beispiele aus unserer Mitgliedschaft:

  • Automatisierte Dokumentenprüfung und Vertragsanalyse in Behörden spart Zeit und schafft Ressourcen.
  • KI-gestützte Recherchetools in der Justiz beschleunigen Verfahren und verbessern Entscheidungsgrundlagen.
  • Digitale Rechtsberatungsplattformen ermöglichen Bürgerinnen und Bürgern niedrigschwelligen Zugang zu rechtlicher Hilfe, gerade bei Verbraucherthemen.

2.  Für die Digitalisierung von Justiz und Verwaltung

Legal Tech trägt zur Modernisierung des Rechtsstaats bei:

  • Durch Standardisierung von Abläufen.
  • Durch bessere Datenaufbereitung.
  • Durch mehr Transparenz und Bürgerfreundlichkeit.

Damit unterstützt die Branche zentrale Digitalziele der Bundesregierung. Wen Innovation jedoch in den Kinderschuhen blockiert wird, kann Deutschland seine Digitalstrategie nicht umsetzen

3.  Für einen ausgewogene KI-Verordnung

Die Hochrisiko-Einstufung von KI-Systemen im Bereich Justiz, Polizei und Strafverfolgung ist richtig und notwendig. Sie schützt Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit. Aber:

  • Diese Logik darf nicht assistierende Systeme wie juristische Suchmaschinen, Dokumentenanalysen oder Wissensdatenbanken übertragen werden.
  • Die meisten Legal Tech-Lösungen sind Informationsassistenzsysteme, keine Entscheidungs-KI und müssen dementsprechend verhältnismäßig reguliert werden.

Was wir fordern

1.  Klarstellung der KI-Verordnung

Regulatorische Pflichten greifen erst ab Markteintritt, nicht in der Entwicklungsphase

2.  Verhältnismäßige Anwendung auf Legal Tech

Informations- und Assistenzsysteme sind nicht Hochrisiko-KI

3.  Förderung statt Hemmung

Deutschland soll sich für eine innovationsfreundliche risikobasierte Auslegung einsetzen, die KMUs schützt und Souveränität stärkt.

4.  Regulatory Sandboxes als Brücke

Testumgebungen mit behördlicher Begleitung, wie bspw. im Vereinigten Königreich, können Innovation und Rechtssicherheit vereinen.

Fazit

Deutschland braucht eine KI-Regulierung, die Innovation ermöglicht, Vertrauen schafft und Wettbewerbsfähigkeit stärkt. Wenn Regulierung schon im Labor greift, verlieren wir das Momentum der Innovation und schwächt Europas digitale Souveränität und damit auch den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Bei Rückfragen und den weiteren fachlichen Austausch stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.